So vermeiden Sie Online-Werbebetrug

Betrugsarten und Vermeidungsstrategien

Der globale Online-Werbebetrug (ad fraud) wurde für das Jahr 2015 auf 6,6 Millarden Euro geschätzt (Quelle: Casalemedia), in Deutschland auf 350 Millionen Euro. Damit ist die Online-Medienbranche im Vergleich zu Volkswagen zwar immer noch ein Engel, doch die Größenordnung des Betrugs ist beachtlich. Sie liegt im Gesamtdurchschnitt bei etwa 7% und ist damit durchaus relevant. Das sollte bei der Mediaplanung beachtet werden. Wir klären über die hauptsächlichen Betrugsarten und Vermeidungsstrategien auf.

Um Betrügern nicht auf den Leim zu gehen, sollte man zunächst einmal ihre Vorgehensweisen kennen:

haptsächliche Betrugsarten

Bots sind Programme, die Aufgaben automatisch abarbeiten. Zum Beispiel können Bots Internetseiten mit Werbung aufrufen. Damit werden die AdViews / AdImpressions nicht von Menschen, sondern von Maschinen erzeugt. Zusätzlich können Bots auch auf Anzeigen „klicken“. Mit diesen Verfahren werden sowohl die Abrechnungsmodelle Tausender-Kontaktpreis (TKP / CPM) als auch Cost per Click (CPC) und Cost per Action (CPA) manipuliert.

Eine erweiterte, nicht-maschinelle Betrugsvariante ist das Ausfüllen von Formularen durch Menschen in Billigstlohnländern Asiens und Afrikas, denn das kann bisher von Bots nicht erledigt werden. In diesen Fällen schützen auch CAPTCHA und die Frage „Are you human?“ nicht vor Manipulationen.

Anzeigen können programmiertechnisch auf drei Arten verborgen werden:

  1. Gestapelte Anzeigen: Ein und derselbe Anzeigenplatz wird gleichzeitig mit mehreren Anzeigen belegt. Diese werden wie ein Kartenstapel übereinander gelegt und nur die oberste Anzeige ist tatsächlich zu sehen. Statistisch gezählt werden aber alle Anzeigen.
  2. Nicht sichtbarer Seitenbereich: Anzeigen(plätze) werden im Seitenquellcode aufgeführt, jedoch in nicht sichtbaren Objekten der Seite.
  3. Anzeigen werden in winzigen, nicht wahrnehmbaren (1×1 Pixel) iFrames geschaltet.

Anzeigen werden zwar in der gebuchten Menge, aber nicht auf den gebuchten Seiten geschaltet, sondern auf unseriöse oder „gefakte“ Webseiten umgeleitet.

Geisterseiten sind Seiten ohne Qualitätsinhalte oder auch ganz ohne Inhalt. Der einzige Zweck dieser Seiten ist es, von hier aus Anzeigen auszuliefern. Für Nutzer sind solche Seiten völlig wertlos und lästig. Sie werden auch sofort weggeklickt. Die Absprungrate (Bounce-Rate) beträgt 100%.

Adware und Toolbars sind Programme, die dazu dienen, Werbung auf Computern von Endnutzern anzuzeigen, deren Suchanfragen auf Werbe-Webseiten umzuleiten und werberelevante Daten zu erfassen – beispielsweise die Art der besuchten Webseiten.

Solche Programme sind oft „Dreingaben“ zu Free- oder Shareware. Erfolgt die Installation ohne Kenntnis und ohne Willen des Nutzers, wird Adware als Malware (Schadsoftware) eingestuft.

Grauzone: Die Qual der Wahl

Nicht jede falsch genannte Zahl ist gleich ein Werbebetrug. Um so wichtiger ist es, Zahlen und Fachbegriffe kritisch zu hinterfragen, um sie richtig interpretieren zu können. Ein Beipiel: „AdViews“

Mensch oder Maschine?

Das Problem der korrekten Messung fängt bereits beim Traffic auf der eigenen Website an. Zum Beispiel werden 30% der Besucher unserer rein deutschsprachigen Website b2b-marketing.de in den USA lokalisiert – erstens wollen wir da gar nicht hin und zweitens kann man sich an den Fingern einer Hand abzählen, dass diese „Besuche“ überwiegend von Bots generiert wurden.

Seriöse und realistische Schätzungen gehen heute davon aus, dass über 50% des gesamten Internetverkehrs von Bots verursacht wird. Das geschieht überwiegend nicht zu Zwecken des Werbebetrugs. Suchmaschinen wie Google schicken Bots zum Beispiel zur Analyse von Webseiten durch das WorldWideWeb.

Allerdings muss dieser Traffic aus den Verbreitungszahlen der Werbeanbieter herausgehalten werden. Doch sogar Google arbeitet mit falschen Zahlen. Unlängst konnte Youtube nachgewiesen werden, dass die Anzahl der Aufrufe von Videos noch immer Zugriffe von Bots berücksichtigt.

Gesehen oder nicht?

Nehmen wir an, dass der Mediendienstleister oder Publisher technisch in der Lage ist, Bots zu erkennen und diese aus den AdViews herausrechnet. Dann wird eine Anzeige als „gesehen“ gezählt, wenn ein Endnutzer eine Internetseite aufruft und das Anzeigenobjekt in die aufgerufene Seite geladen wird. Ist Ihre Anzeige unabhängig von der Bildschirmgröße direkt im Eingangsbildschirm platziert, ist die Zählung unproblematisch: PageViews = AdViews = reale Sichtkontakte. Ist Ihre Anzeige jedoch „below the fold“ platziert, muss der User scrollen, damit Ihre Anzeige in den Sichtbereich kommt. Dann hängt die Zählung von der beim Publisher verwendeten Technik ab:

a) Die Seite lädt alle Objekte direkt beim Aufruf: Ihre Anzeige wird gezählt, auch wenn Sie nicht in den sichtbaren Bereich kommt. PageViews = AdViews < reale Sichtkontakte

b) Die Seite lädt nur die Objekte des sichtbaren Bereichs (lazy loading). Beim Scrollen werden die neu erscheinenden Objekte „nachgeladen“. PageViews > AdViews = reale Sichtkontakte

Wie können Sie Werbebetrug möglichst vermeiden?

Dieser Artikel will weder Werbedienstleistern noch Medienanbietern eine globale Betrugs- oder Schummelabsicht unterstellen. Für Werbekunden wird es aber mit zunehmender Anonymisierung und Automatisierung von Online-Werbeschaltungen immer schwieriger, die Beurteilung von Angeboten und die Korrektheit von Abrechnungen nachzuvollziehen. Im Printbereich schauen sich Werbungtreibende i. d. R. noch jede ihrer Anzeigen (und die der Konkurrenz) an. Online ist das gar nicht möglich.

Wir möchten auch nicht bewerten, wo der Messfehler aufhört und die Manipulation anfängt. Grundsätzlich gilt aber wohl: Je kleiner und fokussierter der/die Medienanbieter und je direkter der Kontakt des Kunden hierzu ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, nicht für Pseudo-Impressions und Robot-Conversions zu zahlen.

1. Direkt-Schaltung bei einzelnen Medienanbietern

Im B2B wie im Regional-Marketing sind die Zielgruppen klein und die Anzahl der auf die entsprechenden Segmente spezialisierten Medienanbieter sehr überschaubar. Die Nutzung von Unternehmen aus der Ad Network-Branche (Affiliate, Content Discovery, Traffic Broker, …) sollte einer kritischen Prüfung unterzogen werden und ist überwiegend nicht zu empfehlen. Zu einer guten Vorbereitung der Mediaplanung gehört die Sichtung der infrage kommenden Websites und deren Mediadaten. Hierdurch erhalten Sie auch einen Überblick über die verschiedenen Platzierungsmöglichkeiten und bekommen gleichzeitig Anregungen für unterschiedliche Anzeigenformate und Kombi-Pakete.

2. Achten Sie auf externe Kontrollinstanzen

Die dominante Mehrheit der veröffentlichten Verbreitungszahlen und auch tiefer gehende Leserstruktur- und Nutzungsanalysen sind von den Werbeträgern / Medienanbietern hausgemacht und damit immer tendenziös. Es gibt aber auch TÜV-ähnliche Einrichtungen, deren Prüfung sich Unternehmen der Medienbranche freiwillig unterziehen können.

Die IVW (Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e. V.) ist eine seit Jahrzehnten im Print- und Funkbereich anerkannte Institution zur Messung von Verbreitungszahlen. Werbeträger können sich dort (ebenso wie bei den nachfolgend genannten Organisationen) gegen Gebühr registrieren. Für Mediaplaner und Marketiers ist „IVW-geprüft“ ein Qualitätssiegel und DAS Orientierungsinstrument für die Richtigkeit von Auflagenhöhen und Verbreitungszahlen. Im Online-Bereich misst die IVW Visits und PageImpressions, doch man findet das Zertifkat „IVW geprüft“ recht selten bei Online-Magazinen und Blogs. Für den Online-Sektor müssen noch zweit weitere Prüfstellen genannt werden:

Der agof (Arbeitsgemeinschaft Onlineforschung e. V.) dagegen sind ausschließlich Markteilnehmer des Online-Kanals angeschlossen. Werbungtreibende gehören ihr ebenso an wie Mediaagenturen und Medienanbieter. Die agof erhebt und analysiert Reichweiten und Strukturdaten. Sie selbst veröffentlich keine Studienergebnisse, erlaubt jedoch ihren Mitgliedern unter bestimmten Voraussetzungen eine Veröffentlichung. 2009 hat sie die Reichweitenmessung jedoch an die agma übertragen und biete den Mitgliedsunternehmen inzwischen überwiegend Weiterbildungen und Datenanalysen.

Die agma (Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse e.V.) ist als Joint Industry Committee (JIC) eine Non-Profit-Organisation. Sie betreibt Forschung unter Einbeziehung aller Kanäle (Print / Funk / Web) und aller relevanten Marktpartner, konkret: der Verkäufer (Medienanbieter / Publisher), der Mittler (Werbe- und Mediaagenturen) und der Käufer (Werbungtreibende) von Medialeistungen.

3. Kontakt-Qualität geht vor Kontakt-Quantität

In der B2B Vermarktung ist Bekanntheit ein eher nachrangiges Ziel von Werbekampagnen. Eine rein quantitative Erfolgsmessung i. S. v. wie viele haben wir erreicht, ist nur bedingt aussagekräftig. Primäres Ziel ist in der Regel die Lead-Generierung. Und da diese immer manuell durch den persönlichen Vertrieb nachbearbeitet werden muss, ist die Erreichung dieses Ziels sehr gut messbar und bewertbar: Kosten pro Lead bzw. Kosten pro qualifiziertem Lead. Natürlich ist dafür die Quantität der Werbeaussendungen wichtig, doch wesentlich wichtiger ist die Qualität einer Kampagne, also z. B. das Content Buildung, die Aufbereitung der Landing Page und die Formulierung des Angebots.

Das Linkziel Ihrer Werbung, egal ob Display oder Native Ad, sollte eine eigens hierfür erstellte Landing Page sein. Wir empfehlen, die Landing Page auf Ihrem eigenen Webserver zu hosten und die wichtigsten Eckdaten (Page Impressions, Besucher-Herkunft und weiteres Verhalten) mit Google Analytics o. ä. zu messen und zu bewerten.