Werbung in Autoreplies
Ist Werbung in automatischen E-Mail-Antworten verboten oder erlaubt?
Was ist eine Autoreply?
Mit Autoreply, auch Autoresponder genannt, ist i. d. R. eine E-Mail gemeint. Hierbei handelt es sich um eine Reaktion, die aufgrund einer bestimmten Aktion automatisch an deren Auslöser gesendet wird.
Typische Aktionen sind das Ausfüllen und Absenden von Kontaktformularen, Newslettereintragungen, Bestellungen im Internet oder auch das Absenden einer E-Mail.
Autoreplies dienen normalerweise als
- Eingangsbestätigung von Fomulardaten
- Aufnahmebestätigungen in Newslettern
- Bestellbestätigungen
- Abwesenheitshinweise im E-Mail-Verkehr
Paradoxon: Häufig beginnt die Absenderadresse einer Autoreply mit „noreply@…“. Auf eine Autoreply wird eine Antwort weder erwartet noch gewünscht.
Haben Absender und Empfänger eine Autoreply eingerichtet, kann es zu einer Endlosschleife kommen. Regeln müssen dem entgegenwirken.
Der Fall
Gegenstand des Rechtsstreits war eine Autoreply-E-Mail, die der Kläger (Verbraucher) auf seine Kündigung des Versicherungsvertrags bzw. auf seine Nachfrage nach einer Bestätigung der Kündigung von der beklagten Versicherung erhalten hatte.
Am nächsten Tag wandte sich der Kläger erneut per E-Mail an die Beklagte und rügte die in der automatischen Antwort enthaltene Werbung, mit der er nicht einverstanden sei. Auch auf diese Mail sowie eine weitere einige Tage später mit einer Sachstandsanfrage erhielt der Kläger diese automatische Empfangsbestätigung:
Sehr geehrte Damen und Herren,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Wir bestätigen Ihnen hiermit den Eingang Ihres Mails. Sie erhalten baldmöglichst eine Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
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***Diese E-Mail wird automatisch vom System generiert. Bitte antworten Sie nicht darauf.***
Daraufhin verklagte er die Versicherung auf Unterlassung. Das Amtsgericht gab seiner Klage statt. Begründung: unerlaubter Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht. Das Landgericht wies die Klage im Berufungsverfahren ab. Der Bundesgerichtshof (BGH Urteil vom 15.12.2015, Az. VI ZR 134/15) hat das Urteil des Landgerichts aufgehoben und der Klage nun höchstrichterlich stattgegeben.
Das Urteil
„Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an einem der Vorstandsmitglieder der Beklagten, zu unterlassen, zum Zwecke der Werbung mit dem Kläger ohne dessen Einverständnis per E-Mail unter der Adresse XXX.de Kontakt aufzunehmen oder aufnehmen zu lassen, wenn dies geschieht wie im Falle der E-Mail Sendungen vom 10., 11. und 19. Dezember 2013. […] Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.“
… und damit auch die Kosten der außergerichtlichen Abmahnung.
Die Begründung
Da ein Verbraucher geklagt hatte, musste der BGH nach den Normen des BGB urteilen. Die vollständige Urteilsbegründung liegt derzeit noch nicht vor (01/16). In der zum Urteil veröffentlichten Pressemitteilung führt das Gericht an: „Jedenfalls die Übersendung der Bestätigungsmail mit Werbezusatz vom 19. Dezember 2013 hat den Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt, weil sie gegen seinen zuvor erklärten ausdrücklichen Willen erfolgt ist.“
Allerdings wirft die Vorabbegründung neue Fragen auf, z. B.: Was ist bei erstmaliger Zuwiderhandlung? Was ist bei allgemeinem Entsagen von Werbezusendungen eines Unternehmens? Was ist bei der geschäftlicher Kommunikation zwischen Unternehmen?
Was sagt das UWG?
Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) geht auf den betreffenden Umstand in § 7 ein. Regelungen, die sich nicht auf den E-Mail-Verkehr beziehen, haben wir ausgelassen.
§ 7 Unzumutbare Belästigungen
(1) Eine geschäftliche Handlung, durch die ein Marktteilnehmer in unzumutbarer Weise belästigt wird, ist unzulässig. Dies gilt insbesondere für Werbung, obwohl erkennbar ist, dass der angesprochene Marktteilnehmer diese Werbung nicht wünscht.
(2) Eine unzumutbare Belästigung ist stets anzunehmen
- […];
- […],
- bei Werbung unter Verwendung einer automatischen Anrufmaschine, eines Faxgerätes oder elektronischer Post, ohne dass eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorliegt, oder
- bei Werbung mit einer Nachricht,
a) bei der die Identität des Absenders, in dessen Auftrag die Nachricht übermittelt wird, verschleiert oder verheimlicht wird oder
b) bei der gegen § 6 Absatz 1 des Telemediengesetzes verstoßen wird oder in der der Empfänger aufgefordert wird, eine Website aufzurufen, die gegen diese Vorschrift verstößt, oder
c) bei der keine gültige Adresse vorhanden ist, an die der Empfänger eine Aufforderung zur Einstellung solcher Nachrichten richten kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.
(3) Abweichend von Absatz 2 Nummer 3 ist eine unzumutbare Belästigung bei einer Werbung unter Verwendung elektronischer Post nicht anzunehmen, wenn
- ein Unternehmer im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Kunden dessen elektronische Postadresse erhalten hat,
- der Unternehmer die Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet,
- der Kunde der Verwendung nicht widersprochen hat und
- der Kunde bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.
Auswirkungen in der Marketing-Praxis
Wie können oder müssen Werbungtreibende nun auf dieses Urteil reagieren?
Eine Möglichkeit ist, vollständig auf Autoreplies oder Werbung in Autoreplies zu verzichten. Das ist für Marketiers jedoch unbefriedigend.
Eine weitere Möglichkeit ist, nach unterschiedlichen Aktionsarten (Kontaktformular, Newsletteranmeldung, E-Mail, …) zu differenzieren und entsprechend unterschiedlich gestaltete bzw. formulierte Autoreplies einzurichten. Bei Formularreaktionen ist dieses noch sehr einfach ausführbar, da i. d. R. zu jedem Internetformular eine separate Autoreply eingerichtet werden kann. Auch für verschiedene E-Mail-Adressen (kundenservice@, vertrieb@, …) können unterschiedliche Autoreplies im E-Mail-System eingerichtet werden. Nachteil dieser Lösungsvarianten ist allerdings, dass die automatischen Antworten zwar nach Aktionen bzw. Empfängern, nicht aber nach realen Absendern unterscheiden. Die Zustellung von Werbung an Werbeverweigerer kann also nicht ausgeschlossen werden.
Auf der rechtlich (überwiegend) sicheren Seite sind Sie nur, wenn Ihre Autoreplies auf Eingangsmails nach tatsächlichen Absendern bzw. Absenderadressen unterscheiden. Das ist ohne Zusatzaufwand in der IT jedoch nicht zu bewältigen. Für Marketingverantwortliche heißt das, dass sie entweder mit einer Anordnung der Geschäftsleitung oder einem überdurchschnittlich freundlichen Gesicht in die IT-Abteilung müssen. Eine unternehmensinterne Robinsonliste (Ausschlussliste) muss angelegt und gepflegt werden, z. B. durch ein weiteres Personenmerkmal im CRM-System (kein Autoreply, keine E-Mail-Werbung o. ä.). Zusätzlich müssen im E-Mail-System (z. B. MS Exchange) die Automatisierungsregeln für jede betroffene Empfangsadresse entsprechend angepasst werden, also die Robinsonliste eingepflegt werden. Der manuelle Aufwand kann hierfür enorm sein. Ob bzw. wann die Softwarehersteller hierauf reagieren, ist offen.