Lead Nurturing im B2B-Vertrieb
Teil 4: Lead Scoring
Als Lead Scoring bezeichnet man die Bewertung von Leads hinsichtlich Ihrer Eignung für den Vertrieb. Aus dem einem Lead zugeordneten „Wert“ bestimmt sich die Weiterbearbeitung durch Marketing und/oder Vertrieb. Die zur Bewertung herangezogenen objektiven Kriterien und die Regeln für die Weiterbearbeitungen sollten von Marketing und Vertrieb gemeinsam festgelegt werden.
Das verbessert die Ergebnisse und die nicht immer einfache Zusammenarbeit beider Bereiche.
Welche Kriterien können zur Leadbewertung herangezogen werden?
BANT ist seit Jahren der Quasi-Standard für das Lead Scoring: Budget, Authority, Need und Time sind in diesem von IBM entwickelten Modell die Bewertungskriterien.
Doch bereits im klassischen Vertrieb mit persönlichen Kontakten sind die Kriterien Budget und Dauer bis zur Entscheidung oft schwer zu bestimmen. Für Leads, die über Online-Maßnahmen generiert wurden (z. B. Inbound), ist dieses gar nicht mehr möglich. Und weil sich Online-Maßnahmen im B2B Marketing immer mehr durchsetzen, steigt die Anzahl unpersönlicher Kontakte stetig. Zudem kann das Online-Verhalten jedes Leads gemessen werden. So genannte Tracking-Lösungen bieten umfassende Möglichkeiten, Nutzungswege (Customer Journey) zu dokumentieren und hieraus Interessen und andere vertriebsrelevante Informationen abzuleiten.
Es ist also sinnvoll, Verhaltensmerkmale in das Lead Scoring einfließen zu lassen.
Es ergeben sich zweidimensionale Modelle:
Dimension 1 verwendet demographische (= explizite) Daten wie z. B. Branche, Position, MA-Zahl, um das ideale Käuferprofil bzw. die Abweichung davon zu beschreiben. Dimension 2 nutzt verhaltensbezogene (= implizite) Daten wie z. B. Häufigkeit der Websitebesuche, Newsletter-Klicks und Anzahl der Downloads, um das Interesse am Angebotsportfolio zu beschreiben.
Damit ein unternehmensspezifisch angepasstes Modell nicht zu kompliziert wird, sollte jede Dimension aus nicht mehr als 4 gewichteten Merkmalen, diese wiederum aus gewichteten Ausprägungen bestehen.
Ein Beispiel zur Verdeutlichung
1. Bewertung des Käuferprofils
Wählen Sie die für Ihr Unternehmen wichtigen Merkmale, und gewichten Sie diese entsprechend ihrer Relevanz für das ideale Käuferprofil. Kategorisieren Sie jedes Merkmal, und weisen Sie jeder Merkmalsausprägung einen Wert zu, der der Annäherung an das Ideal entspricht. Je nach Quelle des Leads erhalten Sie diese Daten aus Visitenkarten, Einträgen aus Online-Formularen, Social Media Follows o. ä. Eventuelle Lücken können über manuelle Leadqualifizierungen aufgefüllt werden.
Der Gesamtwert entspricht dann dem Erfüllungsgrad des Leads bezogen auf das Idealprofil. Die Kategorisierung kann dann lauten:
75% = passend (A) |x| 50% = geeignet (B) |x| 25% = fraglich (C) |x| < 25% = ungeeignet (D)
2. Bewertung des Interesses
Die Höhe des Interesses können Sie aus dem Verhalten jedes Leads ableiten. Hierbei wird jeder messbaren Aktion eines Leads ein Punktewert zugewiesen. Dieser spiegelt den unterschiedlichen Aufwand des Interessenten für die Aktion wider. Bsp.: Messebesuch 25 Punkte, Link-Klick aus Newsletter 5 Punkte, Webinar-Teilnahme 20 Punkte, Website-Besuch je Seite 1 Punkt.
Die „gesammelten“ Punkte werden fortgeschrieben und kategorisiert. Eine mögliche Bewertung ist bis
5 Punkte kaum interessiert (4),
bis 20 Punkte gering interessiert (3),
über 20 Punkte interessiert (2)
und über 45 Punkte sehr interessiert (1).
Wenn Sie Profil- und Verhaltenswert zusammenfassen, erhalten Sie Werte von A1 (passender Kunde, sehr interessiert) bis D4 (ungeeigneter Kunde ohne Interesse). Entsprechend der Einordnung wird dann jedes Lead gemäß der a priori festgelegten Regeln weiterbearbeitet (siehe Tabelle).
So erhalten Sie ein in sich schlüssiges System für die effektive Leadbearbeitung.
Wenn Ihr Unternehmen mehrere Produkte oder Lösungen vertreibt, ist es sinnvoll, für 1 Personendatensatz kampagnenbezogene (und damit mehrere) Leadbewertungen zu ermöglichen. So können einem Datensatz unterschiedliche Bewertungen für unterschiedliche Themen bzw. Produkte zugewiesen werden.
Wir beenden unsere kleine Serie zum Lead Nurturing mit dem Hinweis, dass Lead Scoring eine zwingende Voraussetzung für Automated Marketing ist. Einige Unternehmen spielen ja mit dem Gedanken, Ihr Marketing (ansatzweise) zu „automatisieren“. Auf dieses Thema gehen wir an anderer Stelle gesondert ein.